Man kann sich eine Seite eines Liedes anschauen.
Man kann die Noten lesen, die Pausen, die Betonungen, die Harmonie und all das kann man verstehen.
Von Musik berührt wird man allerdings erst, wenn man die Musik hört oder spielt, wenn man sich in die Musik fallen lässt.
Bei der Bibel ist es genauso.
Man kann die Bibel lesen wie ein Dokument.
Man kann die Bibel lesen wie ein Gesetzbuch, wie einen Roman, wie ein Geschichtsbuch.
Aber berührt wird man allerdings erst, wenn man sie anders liest und hört:
Man muss sie lesen, als ob sie einem persönlich geschrieben worden sei, man muss sie klingen lassen in sich und sie genießen, sich aufrütteln lassen und sich berühren lassen.
Erst wenn wir selbst in die Rolle des Blinden schlüpfen, in die Rolle des Zachäus, in die Rolle der Ehebrecherin, in die Rolle der Maria Magdalena, erst dann können wir die Musik der Bibel hören.
(nach: Rowan Williams, ehem. Erzbischof von Canterbury)